Ein Vater mit einem Kleinkind auf dem Arm bereitet Essen zu, während er parallel telefoniert und am Tablet arbeitet.

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Die 4-Tage-Woche in Deutschland4-Tage-Woche: Welche Modelle gibt es?Vor- und Nachteile der 4-Tage-WocheWie realistisch ist die 4-Tage-Woche in Deutschland?Die 4-Tage-Woche im Handwerk

Studien zeigen: Die 4-Tage-Woche macht erholter, motivierter und weniger gestresst. Ganz Deutschland diskutiert, ob die Einführung der 4-Tage-Woche realistisch und sinnvoll ist. Hier erfährst du, welche Modelle es gibt, welche Vorteile und Nachteile der Wechsel mit sich bringen würde und wo das Arbeitszeitmodell bereits umgesetzt wird.

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Die 4-Tage-Woche in Deutschland

Vier Tage arbeiten, drei Tage frei? Für die einen wäre die 4-Tage-Woche ein Traum. Die anderen sehen den Wohlstand in Deutschland gefährdet. Und die dritten probieren das Arbeitszeitmodell einfach aus. Zum Beispiel die Stadtverwaltungen von Ludwigshafen, Wedel oder Rotenburg an der Wümme. In der Stadt Mengen hat das Rathaus freitags zu, außer für standesamtliche Trauungen. Die Experimente zielen vor allem darauf ab, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und mehr Bewerber*innen anzulocken.

Studien zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen weniger arbeiten will. Betriebe mit Arbeitszeitmodellen wie die 4-Tage-Woche gewinnen deshalb an Attraktivität. In einer aktuellen Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung haben sich 81 % der Beschäftigten für eine 4-Tage-Woche ausgesprochen, um mehr Zeit für Familie, Sport, Hobbys oder Ehrenamt zu haben. In Zeiten von Quiet Quitting und lauter werdenden Forderungen nach mehr Work-Life-Balance soll die 4-Tage-Woche helfen, Stellen zu besetzen.

4-Tage-Woche: Welche Modelle gibt es?

Bei der 4-Tage-Woche sind mehrere Varianten denkbar. Möglich ist, die üblichen 40 Stunden auf vier statt fünf Tage zu verteilen. Bis zu 10 Stunden pro Tag sind in Deutschland gesetzlich erlaubt. Da nach sechs Stunden arbeitsrechtlich eine längere Pause vorgeschrieben ist, entstehen allerdings insgesamt deutlich längere Tage – was auch den Erholungseffekt vom zusätzlichen freien Tag mindern könnte.

Eine Alternative: Die Arbeitszeit wird reduziert – entweder mit oder ohne Lohnausgleich. Zum Beispiel wirbt die IG Metall dafür, acht Stunden am Tag zu arbeiten, sprich 32 Stunden die Woche, und zwar bei vollem Lohnausgleich. Verdi strebt eine 35-Stunden-Woche an, das wären 8,75 Stunden pro Tag.
Und was ist mit dem Urlaubsanspruch bei einer 4-Tage-Woche? Der würde zwar sinken, aber nicht stark spürbar. Mindestens 24 Werktage oder 20 Arbeitstage (ohne Samstag) stehen Beschäftigten in Vollzeit zu. Bei einer 4-Tage-Woche wären es zwar nur 16 Arbeitstage. Doch im Endeffekt kommt man damit immer noch auf vier Wochen Jahresurlaub, genau wie Menschen, die fünf Tage die Woche arbeiten. Außerdem lassen sich Urlaubsregelungen individuell aushandeln – und die Verhandlungschancen stehen gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ziemlich gut.

Vorteile der 4-Tage-Woche

Die Vorteile der 4-Tage-Woche liegen auf der Hand. Befürworter*innen argumentieren, dass sich der Wechsel von der 5- auf die 4-Tage-Woche positiv auf das Wohlbefinden der Menschen auswirken kann, da sie mehr Zeit für Erholung haben. Das legen Studien nahe. In Großbritannien etwa haben 61 Unternehmen die 4-Tage-Woche ein Jahr lang getestet. Das Ergebnis: Beschäftigte waren zufriedener, weniger gestresst, weniger krank. Die Fehltage sanken um ganze 63 % – und die Umsätze stiegen. 56 Unternehmen behalten die 4-Tage-Woche auch nach der Studie weiterhin bei. In Spanien, Belgien oder Island liefen ähnliche Pilotprojekte – in Island ist das Recht auf verkürzte Arbeitszeit nach einem vierjährigen Test bereits im Gesetz verankert.

Laut Forschenden der Hans-Böckler-Stiftung könnte der Wechsel von der 5- auf die 4-Tage-Woche zudem das zivilgesellschaftliche Engagement stärken, da viele Menschen den zusätzlichen freien Tag für ein Ehrenamt nutzen würden. Ob das jedoch bei einer 40-Stunden-Woche passiert, die in 4 Tage gepresst wird, ist fraglich, schließlich machen lange Arbeitstage müde. Das Risiko für Erschöpfung und Burnout würde so nicht sinken, sondern vermutlich sogar steigen.

Nachteile der 4-Tage-Woche

Doch auch eine 32-Stunden-Woche könnte Nachteile mit sich bringen: etwa durch den Stress, in kürzerer Zeit das gleiche Maß an Arbeit bewältigen zu müssen. Ähnlich ging es Allcap, einem der wenigen Unternehmen der britischen Studie, die sich am Ende gegen die 4-Tage-Woche entschieden haben. In der Woche waren die Mitarbeiter*innen wegen der Arbeitsverdichtung stark gestresst und am Ende völlig erschöpft. Möglicherweise hilft uns bald die künstliche Intelligenz, indem sie Arbeitsabläufe automatisiert und somit hilft, Zeit zu sparen und produktiver zu sein.

Die 4-Tage-Woche könnte zudem Jobs retten, etwa in der Stahl- oder Autoindustrie, wo wegen Strukturwandel Arbeitsplätze wegfallen. Damit wirbt etwa die IG Metall, die sich für die Einführung der 4-Tage-Woche für die Beschäftigten der Stahlbranche stark macht.

Die Befragungen der IG Metall haben noch einen Vorteil ausgemacht: Bei einer Viertagewoche mit 32 Stunden wären mehr Frauen bereit, in Vollzeit zurückzukehren. Wer Kinder oder Pflegefälle in der Familie hat, müsste also nicht in der Teilzeitfalle sitzen. Laut manchen Forschenden könnte die 4-Tage-Woche auf diese Weise auch dem Fachkräftemangel stark entgegenwirken. Und auch fürs Klima könnte sich das Arbeitszeitmodell rechnen, wenn Menschen einen Tag weniger zur Arbeit fahren und dadurch CO2-Emissionen einsparen.

4-Tage-Woche: Vorteile und Nachteile auf einen Blick

  • Mehr Erholung und Zeit zum Abschalten

  • Dadurch womöglich höhere Produktivität

  • Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie

  • Bessere Chancen für Menschen, die nur Teilzeit arbeiten können (Eltern oder etwa chronisch Kranke)

  • Mehr Zeit für Privates, Hobbys, Ehrenamt oder Nebenjobs

  • Weniger Pendeln, niedrigere Fahrtkosten und weniger CO2-Ausstoß

  • Arbeitsplätze können erhalten bleiben

  • Womöglich eine Lösung für den Fachkräftemangel

  • Eventuell weniger Urlaubstage

  • Je nach Modell längere Arbeitstage

  • Mögliche Lohnkürzungen bei Stundenreduktion

  • Eventuell mehr Stress durch Arbeitsverdichtung

 

Eine junge Frau steht auf einer Brücke über einer großen Straße und hält ihr Gesicht entspannt in die Sonne.
Wer nur 4 Tage pro Woche arbeitet, hat mehr Zeit, sich um sein persönliches Wohlbefinden zu kümmern. © ddictive Stock Creatives/EyeEm 

Wie realistisch ist die 4-Tage-Woche in Deutschland?

Doch nicht alle sind so enthusiastisch. „Mit einer 4-Tage-Woche funktioniert unsere Welt nicht“, schrieb der Unternehmer und Investor Frank Thelen kürzlich in seinem Instagram-Profil. Die Forderung nach der 4-Tage-Woche als das Arbeitszeitmodell für alle sei komplett unrealistisch. „Wenn Deutschland den Wohlstand nicht verlieren will, brauchen wir neben flexiblen Arbeitsmodellen auch eine völlig neue Arbeitsmoral – Leute, die Drive haben, Dinge anpacken und auch mal länger im Büro bleiben oder am Wochenende die nächste Woche vorbereiten.“

Ähnlich sehen es die Union, die FDP und die Arbeitgeberverbände, die die Forderung zurückweisen. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Steffen Kampeter forderte kürzlich „mehr Bock auf Arbeit“. Laut einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) verliert Deutschland in den nächsten 12 Jahren sieben Millionen Arbeitskräfte. Wir müssten also im Schnitt eher mehr arbeiten, so die Forderung.

„Eine flächendeckende 4-Tage-Woche wird in naher Zukunft wohl nicht möglich sein“, sagt auch der Arbeitswissenschaftler Ufuk Altun. Er plädiert gegen starre Modelle und sieht die Lösung eher in der weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeit, um den individuellen Bedürfnissen der Arbeitnehmer*innen und der Betriebe entgegenzukommen.

Die 4-Tage-Woche im Handwerk

Während die einen über das Pro und Contra der 4-Tage-Woche streiten, probieren die anderen sie längst aus. Frank Thelen mag zwar der Ansicht sein, dass das Arbeitszeitmodell lediglich „Träume einer kleinen, glücklichen Elite, die am Notebook arbeiten kann“ bedient. Doch eine Branche beweist das Gegenteil, nämlich das Handwerk. Gerade dort lassen sich immer mehr Betriebe auf das Experiment ein.

Dazu gehört zum Beispiel die Schreinerei Mayr im bayrischen Manching. Vor einem Jahr hat der Handwerksbetrieb die 4-Tage-Woche eingeführt, erzählt Geschäftsführer Peter Frank. „Die Mitarbeiter sind auf uns zugekommen“, erzählt er. Freitags machten sie kurz nach 12 Uhr Feierabend – da lohnten sich lange Anfahrtswege zur Baustelle nicht. Nun arbeiten sie 40 Stunden über vier Tage verteilt. Nur das Büro bleibt besetzt. Der Wechsel von der 5- auf die 4-Tage-Woche wurde den 27 Mitarbeitenden freigestellt – diejenigen, denen 10-Stunden-Tage zu viel sind, bleiben bei 5 Tagen. Doch insgesamt sei man zufrieden, sagt Franke. Die endgültige Abstimmung steht noch aus, aber er ist sich sicher: „Wir werden vermutlich dabei bleiben.“

Auch bei Thom Glasbau in Altmoorhausen haben die Mitarbeitenden seit über drei Monaten freitags frei. Mit der 4-Tage-Woche hofft das Unternehmen, attraktiver für Bewerber*innen zu werden, erzählt Buchhalterin Saskia Berger. „Der Glasbauer ist generell ein aussterbender Beruf, außerdem sitzen wir sehr ländlich.“ Die Belegschaft arbeitet 38 Stunden die Woche, Montag bis Donnerstag von 7 bis 17.30, bei vollem Lohnausgleich. Mit der 4-Tage-Woche entfallen auch hier die langen Fahrten, die sich bei kurzen Freitagen nicht rechnen. Berger glaubt, dass sich viele noch nicht trauen, die 4-Tage-Woche auszuprobieren. „Aber es ist definitiv machbar“, sagt sie. Bei Thom Glasbau hat sich das neue Arbeitszeitmodell bereits gelohnt: „Die Mitarbeiter sind zufriedener, melden sich deutlich weniger krank und die Aufträge werden pünktlich fertig“, sagt Berger. „Das ziehen wir jetzt durch.“

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