Eine dunkelhäutige junge Frau arbeitet an einem Computer.
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Gehaltsunterschiede zwischen Deutschen und Migranten: Das sind die GründeDer Migration Pay Gap: Gleiche Arbeit, weniger GeldMigration Pay Gap: Was können Betroffene tun?

Die Zahlen sind eindeutig: Menschen ohne deutschen Pass verdienen in der Bundesrepublik weniger als ihre deutschen Kollegen und Kolleginnen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit lag der Durchschnittsverdienst der gut drei Millionen ausländischen Vollzeitbeschäftigten im Jahr 2019 bei rund 2.600 Euro brutto und damit etwa ein Viertel unter dem der Deutschen, die rund 3.500 Euro brutto verdienten. Die Forschung zu der Lohnlücke steckt noch in den Kinderschuhen, doch schon jetzt ist klar: Die Gründe sind vielfältig – auch Diskriminierung spielt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rolle. 

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Gehaltsunterschiede zwischen Deutschen und Migranten: Das sind die GründeDer Migration Pay Gap: Gleiche Arbeit, weniger GeldMigration Pay Gap: Was können Betroffene tun?

Gehaltsunterschiede zwischen Deutschen und Migranten: Das sind die Gründe

Ein wesentlicher Teil des Lohnunterschieds lässt sich laut Experten und Expertinnen durch die unterschiedlichen persönlichen Voraussetzungen deutscher und ausländischer Arbeitnehmer*innen erklären. Aus dem Ausland kommende Arbeitende haben aufgrund ihres geringeren Durchschnittsalters oft weniger Berufserfahrung und Kompetenzen als ihre deutschen Kolleg*innen und werden deshalb tendenziell schlechter bezahlt. Diese These wird durch die Statistik der Bundesagentur für Arbeit gestützt: 37 Prozent der Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit arbeiten demnach im Niedriglohnsektor, im Vergleich zu 16 Prozent der deutschen Arbeitnehmer*innen.

Nicht nur junge, unqualifizierte Zugewanderte, sondern auch Migrant*innen mit Berufsabschlüssen aus ihrem Heimatland haben es auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu Beginn oft schwer. Die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse durch deutsche Behörden und Unternehmen dauert oft lange oder findet gar nicht statt. Mangelnde Sprachkenntnisse sind ein weiteres Hindernis für ausländische Beschäftigte. Laut einer 2019 durchgeführten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) müssen ausländische Beschäftigte die deutsche Sprache auf dem gleichen Niveau beherrschen wie Einheimische, um ähnliche Gehälter zu erhalten.

Generell gilt: Mit zunehmender Aufenthaltsdauer, Berufserfahrung und absolvierten Weiterbildungen verringert sich der Lohnabstand zwischen Migrant*innen und Deutschen deutlich. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aus dem Jahr 2015 zeigt, dass Zugewanderte in den ersten zwei Jahren ihres Aufenthalts nur 55 bis 61 Prozent des durchschnittlichen Verdienstes ihrer heimischen Kolleg*innen erhalten. In den folgenden sechs bis zehn Jahren steigt das Einkommen auf 71 bis 78 Prozent des Gehalts heimischer Arbeitnehmer*innen und nach zehn Jahren Aufenthalt in Deutschland erreichen Migranten und Migrantinnen im Schnitt rund 90 Prozent des Durchschnittseinkommens der Deutschen. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass der Lohnunterschied zwischen Migrant*innen und Deutschen maßgeblich von Faktoren wie Sprachkenntnissen, Berufserfahrung und Weiterbildungen abhängt und sich mit der Zeit verringert. Es zeigt sich auch, dass eine erfolgreiche Integration in den deutschen Arbeitsmarkt von vielen Faktoren abhängt und ein langfristiger Prozess ist.

Der Migration Pay Gap: Gleiche Arbeit, weniger Geld

Was aber, wenn Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund die gleiche Arbeit ausüben?  Wenn Deutsche und Migrant*innen bei exakt gleichen strukturellen Merkmalen wie Stellenbeschreibung, Alter, Berufserfahrung und Sprachkenntnissen die gleiche Arbeit ausüben, stellen Forschende dennoch eine bereinigte Lohnlücke von rund sechs Prozent fest. Eine mögliche Ursache für diese Lohnlücke könnte Diskriminierung sein. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bezeichnet diese Lohnlücke als Migration Pay Gap, analog zum Begriff Gender Pay Gap, der Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher Tätigkeit beschreibt. Es handelt sich um eine „mutmaßlich unmittelbare und mittelbare Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund“.

Während der Gender Pay Gap seit langem bewiesen ist, ist der Migration Pay Gap noch wenig erforscht.  Allerdings deuten erste wissenschaftliche Ergebnisse darauf hin, dass es sich um ein globales Problem handeln könnte. Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie der UN-Sonderorganisation ILO (International Labour Organization) untersuchte die Lohnunterschiede zwischen Migrant*innen und Einheimischen in 49 Ländern und kam zu dem Ergebnis, dass Migrant*innen bei gleicher Arbeit im Schnitt rund 13 Prozent weniger verdienen als Einheimische – mit steigender Tendenz. Im EU-Durchschnitt betrage die Lohnlücke zwischen Migrant*innen und Einheimischen bei gleicher Tätigkeit immerhin noch rund neun Prozent. Vor allem weibliche Migranten sind davon betroffen und leiden bei der Bezahlung sowohl wegen ihres Geschlechts als auch ihrer Herkunft unter Nachteilen.

Migration Pay Gap: Was können Betroffene tun?

Obwohl ausländische Arbeitnehmer*innen in Deutschland oft über eine ähnliche Qualifikation verfügen wie ihre deutschen Kolleg*innen, müssen sie oft mit einer niedrigeren Bezahlung leben. Doch welche Maßnahmen können ergriffen werden, um diese Lohnungleichheit zu verringern? Laut den Studienautoren des IW Köln und des IAB sollten Migrant*innen Weiterbildungen und Sprachkurse absolvieren, um ihre Fähigkeiten den Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes anzupassen. Wenn Diskriminierung im Spiel ist, empfiehlt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Betroffenen, sich zuerst von einer Gewerkschaft, dem Betriebsrat oder der Antidiskriminierungsstelle beraten zu lassen. Eine erfolgreiche Intervention hängt oft davon ab, ob es konkrete Anhaltspunkte für eine unterschiedliche Bezahlung bei gleicher Qualifikation gibt. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Forschung und Maßnahmen dazu beitragen werden, den Migration Pay Gap zu reduzieren und für mehr Chancengleichheit und Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen.

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