Neue Mindestlöhne in der Pflege bis 2023

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Jeder Mensch wünscht sich eine liebevolle und hochwertige Versorgung im Alter und bei Krankheit, daher sind Pflegekräfte unverzichtbar. Trotzdem herrscht in Deutschland ein deutlicher Personalmangel in der Pflege. Dies ist kein Wunder, da sowohl unterdurchschnittliche Gehälter als auch hohe körperliche und psychische Belastungen den Alltag von Altenpfleger*innen, Gesundheits- und Krankenpfleger*innen und Pflegefachkräften dominieren. In Deutschland gibt es circa 1,2 Millionen Beschäftigte, die in Einrichtungen arbeiten, die einen Pflegemindestlohn zahlen. Höhere Mindestlöhne im Jahr 2022 sollen das Pflegepersonal nun entlasten.
Doch wie hoch fallen die Mindestlöhne in der Pflege aus? Wen betrifft die Erhöhung und reicht eine Anhebung der Löhne, um den Pflegenotstand zu verbessern? Diese Fragen werden in diesem Artikel geklärt.
Mindestlöhne in der Pflege
Die Pflegebranche ist eine von vielen Fachbereichen, die nicht von dem gesetzlichen Mindestlohn betroffen ist. Sie unterliegt einem eigenen Branchenmindestlohn, also einer Untergrenze, die auf Tarifverträgen beruht. Die Verträge haben Arbeitgeber und Gewerkschaften ausgehandelt und diese hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geltend gemacht.
Seit dem 1. Januar 2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,82 Euro und ist damit deutlich niedriger als die Mindestlöhne, die für die Pflege gelten. Bis zum 1. April 2022 erhalten Pflegehilfskräfte, qualifizierte Pflegehilfskräfte mit einer Ausbildung und Pflegefachkräfte einen stündlichen Mindestlohn von 12 Euro, 12,50 Euro und 15 Euro. Danach steigen die Löhne auf 12,55 Euro, 13,20 Euro und 15,40 Euro.
Wen betreffen die Pflegemindestlöhne?
Einen Pflegemindestlohn bekommen alle Pflegekräfte, die keinen Tariflohn erhalten oder ihr Gehalt anderweitig vertraglich festgesetzt haben. Darunter fallen Pflegehilfskräfte mit und ohne Ausbildung und Pflegefachpersonal. Zu den Pflegefachkräften gehören beispielsweise Gesundheits- und Krankenpfleger*innen und examinierte Altenpfleger*innen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Arbeitnehmenden aus dem Ausland oder Inland kommen.
Auch Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter stehen Pflegemindestlöhne zu. Pflegekräfte oder Haushaltshilfen in Privathaushalten bekommen keinen Pflegemindestlohn. Das Gleiche gilt für Praktikant*innen und Auszubildende. Für sie gilt der gesetzliche Mindestlohn, wobei es noch einmal bestimmte Mindestlohnausnahmen für Praktikant*innen und Auszubildende gibt. Ehrenamtlich Tätige erhalten ebenfalls keinen Pflegemindestlohn. Geringfügig Beschäftigte erhalten den Pflegemindestlohn, solange sie für pflegerische Tätigkeiten eingesetzt werden.
Wie entstehen die Mindestlöhne in der Pflege?
Seit Jahrzehnten herrscht in Deutschland ein Pflegenotstand. Dieser ist vor allem auf den demografischen Wandel, also einer immer älter werdenden Gesellschaft und zurückgehenden Geburten, zurückzuführen. Dem Land fehlen dementsprechend Tausende Pflegekräfte. Mit einer erhöhten Entlohnung möchte das Bundesministerium für Gesundheit Nachwuchs fördern.
Am 29. November 2019 trat das Pflegelöhneverbesserungsgesetz in Kraft, welches auf Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) entworfen wurde. Dieses Gesetz besagt, dass eine Notwendigkeit für eine stetige Anpassung des Mindestlohns für die Pflegeberufe besteht. Auf diesem Grundsatz wurde die Pflegekommission dauerhaft eingerichtet, die regelmäßig über die Höhe des Mindestlohns bestimmt.
Was ist die Pflegekommission?
Die Pflegekommission gibt Empfehlungen für die Arbeitsbedingungen in der Pflege. Dazu gehört auch die Höhe der Mindestlöhne. Diese Empfehlungen kann das Bundesarbeitsministerium für alle Pflegebetriebe verbindlich machen. Die Pflegekommission besteht aus 8 Mitgliedern aus privaten, frei-gemeinnützigen und kirchlichen Pflegeeinrichtungen der Pflegebranche. Sie arbeiten ehrenamtlich und sind nicht weisungsgebunden. Die Amtszeit dauert maximal fünf Jahre, danach beruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) neue Mitglieder. Die fünfte Pflegekommission hat ihre Arbeit im Dezember 2021 begonnen und hat sich für eine Laufzeit bis zum 31. Januar 2024 entschieden.
Die neuen Pflegemindestlöhne bis 2023
Die Pflegekommission hat sich am 5. Februar 2022 einstimmig auf höhere Mindestlöhne geeinigt, die noch dieses Jahr in Kraft treten sollen:
|
Ab 01.09.2022 |
Ab 01.05.2023 |
Ab 01.12.2023 |
Pflegehilfskräfte |
13,70 Euro |
13,90 Euro |
14,15 Euro |
Qualifizierte Pflegehilfskräfte* |
14,60 Euro |
14,90 Euro |
15,25 Euro |
Pflegefachkräfte |
17,70 Euro |
17,65 Euro |
18,25 Euro |
*mit mindestens einjähriger Ausbildung
Die Erhöhung der Mindestlöhne, die schon im vorab für den 1. April 2022 von der Bundesregierung beschlossen wurde, wird trotzdem umgesetzt. Der Stundenlohn für Pflegehilfskräfte steigt demnach auf 12,55 Euro, für qualifizierte Hilfskräfte auf 13,20 Euro und für Pflegefachkräfte auf 15,40 Euro.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) möchte der Empfehlung der Pflegekommission folgen und die Pflegemindestlöhne in Form einer Verordnung festsetzen, sodass sowohl die Stundenlöhne als auch die Urlaubsansprüche allgemein verbindlich werden. Somit würden Tarif- und Arbeitsverträge, die andere Ansprüche beinhalten, unwirksam werden.
Neben dem Gehalt erhöht sich auch der Urlaubsanspruch der Pflegekräfte. Bei einer 5-Tage-Woche sollen sie für 2022 weitere sieben Urlaubstage und für 2023 und 2024 jeweils neun weitere Urlaubstage bekommen. Der Anspruch auf Mindesturlaub würde also von 26 Tagen im Jahr auf 27 Tage ab 2022 und 29 Tage ab 2023 pro Jahr steigen.
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Mehr Lohn = Mehr Pflegepersonal?
Obwohl mehr Lohn die Jobs in der Pflege finanziell attraktiver macht, sind sich Expert*innen, wie die Gewerkschaft Verdi, unsicher, ob der monetäre Anreiz reicht, um den Personalmangel zu beheben. Denn ein angemessenes Gehalt kann den Fachkräftemangel, Zeitdruck und die Überstunden nicht ausgleichen.
Verdi-Bundesvorstand Sylvia Bühler plädiert, dass die Politik das Kernproblem der Pflege beheben sollte, da sie eine Sammelstelle für Investoren und internationale Konzerne geworden ist. Besonders Pflegeheime sind für private Geldgeber*innen ansprechend, nicht nur wegen einer hohen Rendite, sondern auch weil Pflegeimmobilien ein sicheres Investment darstellen. Öffentliche Heime hingegen tun sich schwer, anfallende Kosten zu bewältigen, weshalb der Trend zur Privatisierung geht. Private Anbieter bieten die Pflege durch Kosteneinsparungen im Bau und im Einkauf tendenziell günstiger an, trotzdem spiegelt sich dies weder in den Löhnen noch in den Arbeitsbedingungen des Personals wider.
Skandinavische Länder gelten in der Pflege als Vorbilder, da sie die Kranken- und Altenversorgung kommunal organisieren und durch Steuern finanzieren. Entsprechend herrschen deutlich bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne, weshalb Patient*innen eine qualitativ hochwertige Versorgung erleben. Dies kann auch für Deutschland eine Lösung sein, setzt aber voraus, dass die Bereitschaft besteht, die Pflege als eine Sache der Gemeinde anzusehen. Schlussendlich benötigt die Pflege einen Trend weg von der Gewinnmaximierung hin zum Sozialen, um den Pflegenotstand zu beheben.
Quellen:
Ärzteblatt
Bibliomed Pflege
Blaetter.de
Bundesgesundheitsministerium
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Merkur
Minijobs-aktuell
Öffentlicher Dienst News
Tagesschau
Verdi