Ein Mann sitzt an einem Tisch mit Quittungen und tippt Zahlen in einen Taschenrechner
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Lohnunterschied Ost und WestLohnunterschiede Handwerk und Ingenieurwesen Regionaler Preisindex Akademiker*innen im Osten FazitFAQ – häufig gestellte Fragen

Auch mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall gibt es vor allem bei den Löhnen immer noch große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Das zeigen die Daten des aktuellen Stepstone Gehaltsreports 2024. Das Durchschnittsgehalt in den ostdeutschen Bundesländern liegt rund 17 % unter den Gehältern im Westen. Es zeigt sich darüber hinaus eine deutliche Lohndifferenz bei Fachkräften und Führungskräften. Erfahre hier mehr über die Lohnlücke zwischen Ost und West – und was Expert*innen dazu sagen.

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Es gibt auch 2024 noch einen deutlichen Lohnunterschied zwischen Ost und West

Mehr als 30 Jahre sind mittlerweile vergangen, seit der Ost-Berliner SED-Chef Günter Schabowski am 9. November 1989 in einer Pressekonferenz verkündete, dass Ausreisen über alle Grenzposten der DDR möglich seien. Damit war der Weg für den Mauerfall und die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands frei. Der Wiederaufbau des einstigen Arbeiter- und Bauernstaats ist in den meisten Teilen des Landes bereits gelungen. Inzwischen habe sich auch große Konzerne im Osten der Republik angesiedelt, wie z. B. Tesla in Brandenburg, Bosch in Dresden oder VW in Sachsen. Intel plant eine große Chip-Fabrik bei Magdeburg.

Doch trotz großer wirtschaftlicher Fortschritte klaffen bei den Löhnen zwischen Ost und West weiterhin große Lücken. Laut den Daten des Stepstone Gehaltsreports 2024 verdienen ostdeutsche Beschäftigte brutto pro Jahr im Median 37.250 €, während ihre Kolleg*innen aus dem Westen auf ein durchschnittliches Jahresbruttogehalt von 45.000 € kommen. Somit beträgt das Lohngefälle zwischen Ost und West 17 %.

Um dieses Gefälle besser zu veranschaulichen, haben wir hier zwei weitere Beispiele für dich:

Wichtig: Das Mediangehalt aus dem Stepstone Gehaltsreport ist nicht mit dem Brutto-Durchschnittsgehalt in Deutschland vergleichbar. Für das Durchschnittsgehalt werden alle Gehälter addiert und durch die Zahl der ermittelten Gehälter geteilt. Beim Mediangehalt wird das Gehalt ermittelt, das genau die Mitte zwischen 50 % der höchsten und 50 % der niedrigsten Gehälter bildet.

Grundlagen für den Stepstone Gehaltsreport 2024

Für den Gehaltsreport 2024 wurden 921.973 Vergütungsdaten ausgewertet, die im Zeitraum Januar 2021 bis November 2023 erhoben wurden. Alle Gehaltsdaten sind in Euro angegeben, auf die nächsten 250,00 € gerundet und weisen den Median des Gehaltsniveaus im Jahr 2023 aus, sofern nicht anders angegeben. Die ermittelten Bruttojahresgehälter entsprechen dem Median: 50 % der Gehälter sind also höher, 50 % niedriger. Dabei haben wir Prämien, Boni etc. mit einbezogen. Weitere Daten zu Gehältern in Deutschland kannst du im aktuellen Stepstone Gehaltsreport 2024 abrufen.

Welche Ursachen bedingen die Gehaltslücke?

Dazu Prof. Dr. Joachim Ragnitz vom ifo Institut Dresden: Ein Grund liegt in der fehlenden Tarif-Bindung in vielen Unternehmen im Osten. Was hinzu kommt, sind die divergierenden Betriebsgrößenstrukturen sowie, daraus abgeleitet, die niedrigere Wirtschaftskraft der Betriebe in Ostdeutschland. In der StepStone Studie wird unterschieden; man muss ergänzen: Ein großer Teil der Beschäftigten in Westdeutschland arbeitet in größeren Betrieben und kann deswegen von der dort höheren Produktivität profitieren, u.a. aufgrund von Größenvorteilen in der Produktion, einer stärkeren Innovationsorientierung oder einer höheren Exportaktivität.

Zudem gibt es in westdeutschen (Groß-) Betrieben häufig auch wertschöpfungsintensivere Produktionsstufen (also Verwaltung, Forschung und Entwicklung, Marketing) als in ostdeutschen Betrieben, die oft nur reine Produktionsstätten sind. Das gilt aber natürlich primär für das Verarbeitende Gewerbe, weniger für viele Dienstleistungen (und schon gar nicht für das Handwerk).

Also: Betriebsgrößenstruktur und Funktionalstruktur sind aus meiner Sicht die wesentlichen Ursachen für die fortbestehende Lohnlücke, darüber hinaus aber auch die fehlende Tarifbindung. Letzten Endes haben ostdeutsche Arbeitnehmer das Pech, dass sie in weniger leistungsfähigen Betrieben tätig sind, so dass alles, was die Unternehmen schwächer macht, sich nicht nur in Gewinnen, sondern auch in den Löhnen niederschlägt“.

Prof. Dr. Joachim Ragnitz

Prof. Dr. Joachim Ragnitz vom ifo Institut Dresden beschäftigt sich mit den wirtschaftlichen Entwicklungen in Ostdeutschland.

Besonders im Handwerk und Ingenieurwesen werden Lohnunterschiede zwischen West und Ost deutlich

In allen Branchen zeichnet sich ein deutliches Lohngefälle zwischen Ost- und Westdeutschland ab. Der Stepstone Gehaltsreport 2024 zeigt, dass diese Unterschiede zum Beispiel im Handwerk stärker zu spüren sind.
Während das Mediangehalt bei handwerklichen Berufen in Mecklenburg-Vorpommern bei 35.250 € liegt, erhalten Handwerker*innen in Baden-Württemberg im Median 44.750 €. Die jährliche Differenz beträgt also 9.500 €. Innerhalb von zehn Jahren verdienen Handwerker*innen in Schwerin also rund 95.000 € weniger als ihre Kolleg*innen in Baden-Württemberg.

Eine Handwerkerin arbeitet mit einer Flex an einem Metallstück.
Der Lohnunterschied Ost-West zeigt sich auch beim Gender-Pay-Gap © Maskot/EyeEm

Bei den Ingenieur*innen wird die Diskrepanz zwischen Ost- und Westlöhnen noch markanter. Während Ingenieur*innen in Baden-Württemberg im Median 60.250 € verdienen, liegen ihre Kolleg*innen in Sachsen-Anhalt bei einem Mediangehalt von 44.750 €. Dieses Lohngefälle können auch geringere Lebenshaltungskosten oder Wohnungsmieten nicht mehr annäherungsweise ausgleichen.

Was bedeuten diese Unterschiede für das Verhältnis zwischen Ost und West?

Prof. Dr. Dirk Oschmann, Professur für Neuere deutsche Literatur erklärt: „Eine beliebte Frage an Ostdeutsche lautet mit schöner Regelmäßigkeit, ob sie sich als Menschen zweiter Klasse fühlen“. Das ist natürlich schon im Ansatz die falsche Frage, so als würde es hier bloß um ein Gefühl gehen, das sich am Ende vernachlässigen ließe. Richtig lautet die Frage: Werden Sie als Menschen zweiter Klasse behandelt? Diese Frage ist auf dem Hintergrund der dauerhaften und nun aktuell wieder bestätigten riesigen Lohnunterschiede nur mit Ja zu beantworten. Von den neoliberalen Besitzstandswahrern im Westen wird dabei gern zur Rechtfertigung auf die angeblich niedrigeren Lebenshaltungskosten im Osten verwiesen. Davon kann ja schon lange keine Rede mehr sein. Vielmehr ist die gravierende Schlechterstellung im Gehalt der sichtbare monetäre Ausdruck der allgemeinen Missachtung des Ostens und obendrein zentraler sozioökonomischer Faktor bei der weiteren Verfestigung der deutsch-deutschen Asymmetrien“.

Prof. Dr. Dirk Oschmann

Prof. Dr. Dirk Oschmann, Professor für Neuere deutsche Literatur und Autor des Buchs „Der Osten – eine westdeutsche Erfindung“ (ersch. bei Ullstein)

Regionaler Preisindex schwächt Wirkung niedriger Löhne in Ostdeutschland etwas ab

Deutschlandweit gibt es ein Preisgefälle zwischen Stadt und Land. So sind die Lebenshaltungskosten in ländlichen Regionen in der Regel immer geringer als in urbanen Räumen oder Großstädten. Dieser regionale Preisindex wurde u.a. vom Institut für deutsche Wirtschaft ermittelt.

Demnach liegt der Regionale Preisindex z. B. im Vogtlandkreis in Sachsen bei 90, der Referenzwert liegt bei 100. Die durchschnittlichen Mieten in dieser Region liegen rund 30 % unter dem gesamtdeutschen Niveau.

Somit können niedrigere Löhne im Osten je nach Region durch geringere Lebenshaltungskosten teilweise abgefedert werden. Allerdings muss dabei auch berücksichtigt werden, dass es in Ostdeutschland mit Potsdam, Dresden oder Jena Städte gibt, die deutlich über dem Preisindex von Städten im Westen liegen.

Warum ist es so wichtig, diese Daten zu kennen?

Dazu äußert sich Prof. Dr. Alexander Kemnitz von der TU Dresden: „Die wirtschaftliche Ungleichheit zwischen Ost und West ist nicht nur aktuell ein politisch sensibles Thema. Es ist daher wichtig, sie auf Grundlage von Daten zu besprechen. Sie sind erste Voraussetzung für eine sachliche Analyse der dahinterstehenden Gründe. Und Wirtschaftspolitik sollte, so immer möglich, durch belegbare Fakten und nicht durch Stimmungen geleitet sein. Zu dieser Sachbezogenheit gehört aber auch, das bundesweite Stadt-Land-Gefälle ebenso in den Blick zu nehmen wie die Differenzen zwischen Ost und West“.

Prof. Dr. Alexander Kemnitz

Prof. Dr. Alexander Kemnitz leitet an der TU Dresden die Professur für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung.

Der Lohnvergleich Ost-West als Tabelle, nach Bundesländern im Jahr 2024

Durchschnittsgehälter nach Bundesland in absteigender Reihenfolge:
  1. Hamburg: 49.750 €
  2. Baden-Württemberg: 47.000 €
  3. Hessen: 47.500 €
  4. Bayern: 46.000 €
  5. Nordrhein-Westfalen: 44.000 €
  6. Bremen: 42.500 €
  7. Berlin: 46.500 €
  8. Rheinland-Pfalz: 42.000 €
  9. Niedersachsen: 40.750 €
  10. Saarland: 40.000 €
  11. Schleswig-Holstein: 40.250 €
  12. Sachsen: 38.000 €
  13. Brandenburg: 38.000 €
  14. Thüringen: 37.000 €
  15. Mecklenburg-Vorpommern: 36.500 €
  16. Sachsen-Anhalt: 36.500 €

Akademiker*innen erzielen auch im Osten deutlich höhere Gehälter

Unabhängig vom Lohngefälle zwischen West- und Ostdeutschland zeigt der Stepstone Gehaltsreport 2024, dass für Akademiker*innen im Osten bessere Verdienstmöglichkeiten bestehen als für Nicht-Akademiker*innen.
Um diese Aussage an einem Beispiel zu verdeutlichen: Wer in Mecklenburg-Vorpommern mit akademischem Abschluss in den Beruf einsteigt, kann mit einem Mediangehalt von 54.750 € pro Jahr rechnen, während Berufseinsteiger*innen nach dem Ende der Lehrzeit lediglich auf 35.750 € kommen. Damit verdienen studierte Fachkräfte in Mecklenburg-Vorpommern im Median rund 19.000 € mehr als Beschäftigte ohne Uni-Abschluss.

Das Verhältnis beim Gehaltsunterschied zwischen Akademiker*innen und Nicht-Akademiker*innen ist in West- und Ostdeutschland jedoch auf einem ähnlichen Niveau. Auch in Hamburg oder Baden-Württemberg erhalten Beschäftigte und Berufseinsteiger*innen mit universitären Abschlüssen deutlich mehr Geld.

Was sagen Arbeitgeber im Osten zur Attraktivität des Standorts?

„Bosch genießt bei Bewerberinnen und Bewerbern eine hohe Arbeitgeberattraktivität. Was die Zufriedenheit der Mitarbeitenden am Standort Dresden angeht, zeigt das Feedback aus Mitarbeiterbefragungen, dass zum Beispiel ein internationales Umfeld mit rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 24 Nationen, eine offene und transparente Dialogkultur und eine familienfreundliche Arbeitskultur sehr geschätzt werden. 2023 wurde in Dresden zudem ein neues Schichtmodell eingeführt, mit dem die Beschäftigten aus verschiedenen Zeitmodellen wählen können, passend zu ihrer privaten Lebenssituation", so Bosch Dresden.

Fazit: Durchschnittsgehälter im Osten immer noch niedriger als im Westen

Ingenieur*innen, Handwerker*innen oder Logistiker*innen haben im Durchschnitt pro Jahr immer noch deutlich weniger Lohn in der Tüte als Beschäftigte in denselben Branchen im Westen. Allerdings zeigen sich bei Mietpreisen oder anderen Lebenshaltungskosten ebenfalls Unterschiede, sodass sich das Lohnniveau über die Kaufkraft in manchen Regionen indirekt angleicht. Allerdings spielt es auch für Beschäftigte in Ostdeutschland eine wichtige Rolle für deren Lebenshaltung, ob sie in eher teuren Städten wie Potsdam, Dresden oder Jena leben, oder ob sie ihren Wohnsitz auf dem Land haben. Langfristig ist es wichtig, dass sich Lohnunterschiede ausgleichen, denn sie sorgen unter anderem dafür, dass auch die Rente niedriger ausfällt. Ostdeutsche Rentner*innen werden bei gleichbleibendem Lohngefälle im Durchschnitt eine deutlich niedrigere Rente haben als Rentner*innen, die im Westen gearbeitet haben.

Was tut die Bundesregierung, um die Verhältnisse zu verändern?

Staatsminister Carsten Schneider schildert: Lange wurde Ostdeutschland als ‚verlängerte Werkbank‘ des Westens wahrgenommen, als Standort für nachgelagerte Arbeiten, oft zu Niedriglöhnen. Aber die Zeiten sind vorbei. Die Region ist attraktiv für internationale Unternehmensansiedlungen, zum Beispiel aus der Halbleiterindustrie. Dadurch entstehen gut bezahlte Jobs für qualifizierte Fachkräfte. Außerdem haben wir den Mindestlohn eingeführt und erhöht. Viele Ostdeutsche haben davon profitiert. Wir brauchen mehr Tarifbindung, damit das Lohnniveau steigt. Deshalb will die Bundesregierung ein Tariftreue-Gesetz einführen.“

In Ostdeutschland herrscht kein Arbeitsmangel, sondern ein Fachkräftemangel. Um ihm entgegenzuwirken, sind die Rückwanderung von Arbeitskräften in ihre Heimat und die Zuwanderung aus dem Ausland entscheidend. Nur Zuzugsregionen sind Zukunftsregionen. In den anstehenden Wahlen wird bestimmt, ob in diesen Regionen ein weltoffenes Klima herrscht oder nicht“.

Carsten Schneider

Staatsminister Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland

FAQ – häufig gestellte Fragen

Wie hoch ist das Durchschnittseinkommen in Ostdeutschland?

Das Mediangehalt in Ostdeutschland liegt laut Stepstone Gehaltsreport 2024 bei 37.250 €.

Ist das Leben in Ostdeutschland günstiger?

Die Preise für Miete und Lebenshaltungskosten sind in den meisten Regionen Ostdeutschlands günstiger als im Westen. Allerdings gibt es mit Dresden, Jena oder Potsdam Städte, deren Preisindex weit über dem von einigen westdeutschen Städten liegt.

Warum sind die Gehälter im Osten so niedrig?

Wirtschaftsexpert*innen sehen einen Grund für die niedrigeren Gehälter in Ostdeutschland in der geringeren Tarifbindung in den Betrieben.

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