Verantwortung und Stress – Das Gehalt bei der Polizei zu niedrig?

In vielen Bundesländern klagt die Polizei über Nachwuchsmangel. Die Arbeitsbedingungen klingen nicht gerade verlockend, da sie mit viel Stress, Verantwortung und auch Gewalt zu tun haben. Vielleicht würden sich mehr Menschen beruflich für die Polizei entscheiden, wenn das Gehalt höher wäre? Oder lässt sich der Stress bei der Polizei gar nicht mit Geld ausgleichen?
Verdienstmöglichkeiten bei der Polizei
Nach der dreijährigen Ausbildung steigt man in den Beruf des Polizisten mit 1600 bis 1800 Euro brutto ein. Wie in allen Branchen sind die Gehälter auch bei der Polizei regional unterschiedlich hoch. Des Weiteren unterscheidet sich das Einkommen unter anderem nach Dienstgrad. Im einfachen Dienst kann sich das Gehalt im Laufe der Dienstjahre auf rund 2280 Euro erhöhen. Das Einstiegsgehalt im mittleren sowie im gehobenen Dienst beläuft sich auf etwa 1840 Euro und kann sich im Laufe der Jahre auf etwa 4400 Euro steigern. Höhere Dienstgrade verdienen bei der Polizei bis zu 6000 Euro und mehr. Darüber hinaus gibt es noch höhere Dienstgrade mit Verdienstmöglichkeiten bis zu 11400 Euro. Diese Dienstgrade erreichen jedoch eher wenige Polizisten.
Vergünstigungen und Vorteile für Polizisten
Polizisten bekommen zum Gehalt Zusatzleistungen, wie Zulagen für Schichtdienste und Wochenenddienste. Das Einkommen steigert sich zudem automatisch, wenn Polizisten heiraten und Eltern werden.
Anders als in der freien Wirtschaft können Polizisten sicher sein, dass sie nach der Elternzeit wieder ihren Arbeitsplatz bekommen. Sie sind Beamte auf Lebenszeit und müssen nicht um ihren Job fürchten. Angst vor Arbeitslosigkeit müssen Polizisten somit nicht haben. Ebenso können sie direkt mit Einstieg in den Beruf mit der Lebensplanung beginnen, da sie nicht,wie viele andere junge Berufstätige, mit befristeten Arbeitsverträgen zu kämpfen haben.
Man könnte aufgrund dieser Vorteile sagen, dass man als Polizist ein sicheres Leben führt und deshalb das Gehalt ausreichend ist. Allerdings begrenzt sich die Sicherheit nur auf die Vorzüge des Beamtentums. Schaut man sich den Arbeitsalltag samt Bedingungen und Folgen an, kann von bequemen und sicheren Leben nicht mehr die Rede sein.
Arbeitsalltag eines Polizisten
Als Polizist hat man mit Verkehrsünden, Straftaten, Diebstählen und familiären Konflikten zu tun. Egal zu welchem Einsatz Polizisten fahren, sie müssen stets einen kühlen Kopf bewahren und sich gegen verbale Übergriffe abschirmen können. Aufgebrachte Bürger sind an der Tagesordnung, denn die Polizei wird dann gerufen, wenn Menschen ein Problem nicht mehr ohne staatliche Hilfe regeln können. Ein Polizist auf Streife muss aber auch Büroarbeiten erledigen und das macht ungefähr vierzig bis fünfzig Prozent der Arbeitszeit aus. Alles, was auf der Streife erlebt wurde, muss zu Papier gebracht werden. Also gehört zum Beruf des Polizisten ebenso das Schreiben von Protokollen oder Anzeigen.
Bei der Polizei wird im Schichtdienst gearbeitet, sodass sich an wechselnde Schlaf- und Arbeitszeiten gewöhnt werden muss. Außerdem muss die Polizei auch am Wochenende präsent sein. Freie Samstage, Sonntage oder Feiertage sind bei der Polizei keine Selbstverständlichkeit.
Stress und zunehmende Gewalt gegenüber Polizisten
Der Beruf des Polizisten scheint wenig attraktiv zu sein. Der Mangel an Nachwuchs hat zwar auch mit weniger Bewerbern zu tun, die den Anforderungen entsprechen. Doch fällt es schwer, genügend Männer und Frauen zu finden, die sich zum Polizisten ausbilden lassen möchten. Überstunden, Schichtdienste und schlechte Bezahlung sind einige Gründe, die gegen den Beruf sprechen. Ein weiterer Grund ist die zunehmende Gewalt gegenüber Polizisten.
Ein Einsatz am Wochenende erhöht das Risiko erheblich, Opfer von Gewalttaten zu werden. Die meisten Täter sind junge Männer im Alter von 19 bis 29 Jahren, die durch Drogen- oder Alkoholkonsum gegenüber Polizisten gewalttätig werden. War die Polizei einst in ländlichen Gebieten relativ sicher vor Übergriffen, sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land heute nicht mehr groß.
Nach solchen Übergriffen haben rund vierzig Prozent der Polizisten mit Schlafproblemen zu kämpfen, so das Ergebnis einer Studie, die 2013 vom Innenministerium Nordrhein-Westfalen vorgestellt wurde.
Der Stresspegel wird durch folgende Belastungssituationen erhöht:
- Schlechte Ausstattung
- Verletzung oder Tod eines Kollegen
- Kinder als Leidtragende von Gewalttaten oder von anderen belastenden Situationen
- Wechselschichten und Überstunden
- Bürger, die feindselig auf Polizisten reagieren
- Hohe Ansprüche der Vorgesetzten
Oft kommt es dazu, dass Polizisten ihre Arbeit als sinnlos betrachten. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Täter zwar festgenommen, aber schnell wieder freigesprochen werden.
Betrachtet man den Stresslevel samt zunehmende Übergriffe gegenüber Polizisten, erscheint das Gehalt tatsächlich viel zu niedrig. Die Vorteile, die eine Beamtenlaufbahn mit sich bringen, sind nur solange zu genießen, bis der Polizist selbst Opfer einer Gewalttat geworden ist oder erleben musste, wie ein Kollege aufgrund gewaltsamen Übergriffen verletzt oder getötet wurde. Aufgrund der allgemein zunehmenden Gewaltbereitschaft kann davon ausgegangen werden, dass sich auch die Übergriffe gegenüber Polizisten erhöhen. Polizist ist zwar ein Beruf, der größtenteils von Menschen ausgeübt wird, die sich dazu berufen fühlten, doch es scheinen immer weniger Menschen bereit zu sein, für knapp 2000 Euro brutto ihr Leben in Gefahr zu bringen. Es bleibt die Frage, ob das Problem des Nachwuchsmangels mit einem höheren Gehalt gelöst werden könnte. Oder ist nicht die zunehmende Gewalt und das Einkommen der Grund für den Mangel an Nachwuchs, sondern eher das Bedürfnis nach Work-Life-Balance der jüngeren Generation? Dies dürfte bei der Polizei nur schwer erfüllbar sein.
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