Gehaltsschere zwischen Fach- und Führungskräften

Für zahlreiche Beschäftigte ist der Schritt von der Fachkraft zur Führungskraft mit Personalverantwortung fester Bestandteil ihres Karriereplans. Dass damit nicht nur Veränderungen in Sachen Aufgabenbereich und Verantwortung einhergehen, sondern sich auch das Gehalt entscheidend verändern kann, ist die Regel.
Doch wie groß ist dieser Gehaltsunterschied zwischen Fach- und Führungskräften eigentlich genau? Um diese Frage zu beantworten, haben unsere Vergütungsexpert*innen von GEHALT.de 224.474 Datensätze von Fach- und Führungskräften nach Region und Branche ausgewertet. Das Ergebnis: Führungskräfte mit Personalverantwortung verdienen mehr als doppelt so viel wie Fachkräfte. Während letztere jährlich rund 41.900 Euro verdienen, beziehen Führungskräfte ein Jahresgehalt von etwa 96.300 Euro. Dies entspricht einer Gehaltsschere von rund 130 Prozent.
Position | Q1 | Median | Mittelwert | Q3 |
Fachkräfte | 33.629 € | 41.928 € | 46.373 € | 54.192 € |
Position | Q1 | Median | Mittelwert | Q3 | Prozentualer Gehaltsunterschied zu Fachkräften |
Führungskräfte | 76.660 € | 96.342 € | 110.429 € | 122.479 € | 130 |
Warum die Gehaltsschere zwischen Fach- und Führungskräften in einigen Bundesländern besonders hoch ist
Dass sich Gehälter in ihrer Höhe regional stark voneinander unterscheiden, ist altbekannt und unsere Auswertungen offenbaren dies immer wieder – zuletzt beispielsweise Anfang des Jahres im Rahmen des Gehaltsatlas. Teils deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Bundesländern zeigen sich auch bei der Gehaltsschere zwischen Fach- und Führungskräften. Bundesländer mit einem tendenziell eher niedrigen Gehaltsniveau wie Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern fallen dabei mit besonders großen Unterschieden auf. Die Lücke zwischen Fach- und Führungskräften liegt hier zwischen 138 und 144 Prozent.
„Führungskräfte sind mobiler und eher dazu bereit, den Arbeitsstandort zu wechseln als Fachkräfte. Unternehmen müssen somit in Bundesländern mit geringem Gehaltsniveau die Einkommen für Führungskräfte deutlich in Richtung Bundesdurchschnitt anpassen, um sich im Wettbewerb behaupten zu können“
Dr. Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom bei Gehalt.de.
Bundesland | Median Fachkräfte |
Median Führungskräfte |
Gehaltsunterschied in Prozent |
Sachsen-Anhalt | 33.718 € | 82.413 € | 144 |
Schleswig-Holstein | 37.808 € | 91.158 € | 141 |
Mecklenburg-Vorpommern | 32.749 € | 77.976 € | 138 |
Rheinland-Pfalz | 41.297 € | 97.978 € | 137 |
Saarland | 40.124 € | 94.181 € | 135 |
Niedersachsen | 39.087 € | 91.798 € | 135 |
Sachsen | 34.221 € | 80.461 € | 135 |
Thüringen | 34.827 € | 81.548 € | 134 |
Brandenburg | 34.100 € | 79.866 € | 134 |
Nordrhein-Westfalen | 42.505 € | 98.136 € | 131 |
Bayern | 43.868 € | 99.389 € | 127 |
Bremen | 40.850 € | 92.507 € | 126 |
Hessen | 44.966 € | 101.343 € | 125 |
Berlin | 39.676 € | 88.712 € | 124 |
Hamburg | 44.467 € | 97.358 € | 119 |
Baden-Württemberg | 45.490 € | 98.476 € | 116 |
Branchenvergleich: Größte Gehaltsschere in der Steuerberatung
In der Steuerberatung ist dabei die größte Gehaltsschere zwischen Fach- und Führungskräften auszumachen. Während Beschäftigte ohne Personalverantwortung hier jährlich rund 37.600 Euro erhalten, verdienen jene mit Personalverantwortung etwa 112.400 Euro. Dies entspricht einem Gehaltsunterschied von 199 Prozent. Ähnliche Verhältnisse gibt es in der Rechtsberatung (ca. 195 Prozent Gehaltsunterschied).
„Der Einkommensunterschied bei Fach- und Führungskräften ist in der Steuer- und Rechtsberatung besonders ausgeprägt, da ein großer Teil der Fachkräfte aus nicht-akademischen Angestellten mit eher niedrigen Gehältern besteht. Anwälte und Steuerberater mit Personalverantwortung haben oft einen akademischen Hintergrund, arbeiten in größeren Konzernen und werden dadurch in der Regel überdurchschnittlich entlohnt.“
Dr. Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom bei Gehalt.de.
Größter prozentualer Gehaltsunterschied bei Fach- und Führungskräften (Branchen) |
Median Fachkräfte |
Median Führungskräfte |
Prozentual |
Steuerberatung | 37.589 € | 112.388 € | 199 |
Rechtsberatung | 37.826 € | 111.517 € | 194,8 |
Konsum & Gebrauchsgüter | 49.714 € | 141.594 € | 184,8 |
Kleinste Gehaltslücke zwischen Fach- und Führungskräften in der Kulturbranche
Die Kulturbranche weist die geringste Gehaltslücke zwischen Fach- und Führungskräften auf. Fachkräfte verdienen hier jährlich rund 38.400 Euro, etwa 68 Prozent weniger als Führungskräfte, die ein Einkommen von rund 64.600 Euro beziehen. Diese vergleichsweise dicht beieinander liegenden Gehälter lassen sich unter anderem durch flache Hierarchien erklären.
Ein bereits hohes Lohnniveau beim Einstiegsgehalt ist ein weiterer Faktor, der zu geringen Gehaltsunterschieden zwischen Beschäftigten mit und ohne Personalverantwortung führen kann. Dies zeigt sich beispielsweise in der Luftfahrt, die mit rund 78 Prozent die zweitkleinste Gehaltsschere aufweist. Innerhalb dieser Branche verdienen Fachkräfte rund 57.800 Euro und Führungskräfte rund 102.900 Euro jährlich.
„Der Gehaltsunterschied zwischen Fach- und Führungskräften in der Luftfahrt ist vergleichsweise niedrig, da Fachkräfte in dieser Branche oft prestigevolle Berufe einnehmen, deren Gehaltsniveau überdurchschnittlich hoch ist und einem regionalübergreifenden Standard folgen.“
Dr. Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom bei Gehalt.de.
Geringster prozentualer Gehaltsunterschied bei Fach- und Führungs- kräften (Branchen) |
Median Fachkräfte |
Median Führungskräfte |
Prozentual |
Kultur | 38.398 € | 64.579 € | 68,2 |
Luftfahrt | 57.777 € | 102.894 € | 78,1 |
Soziale Einrichtungen | 32.333 € | 60.007 € | 85,6 |
Chef*innen verdienen in der Automobilindustrie rund 56.600 Euro mehr als Fachkräfte
Die Automobilindustrie ist gemessen am Umsatz der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Deutschland. Fachkräfte verdienen hier rund 54.300 Euro jährlich, ihre Führungskräfte beziehen mit einem Jahresgehalt von etwa 110.800 Euro mehr als das Doppelte – ein Unterschied von ca. 104 Prozent. Neben der Automobilindustrie (4,9 % am BIP) trägt auch die E-Commerce-Branche (knapp 3 % am BIP) einen großen Teil zum BIP bei. In diesem Tätigkeitsfeld verdienen Fachkräfte rund 35.700 Euro und Führungskräfte etwa 87.600 Euro; dies ergibt eine Gehaltsdifferenz von 145,5 Prozent.
Ausgewählte Branchen | Median (Fachkräfte) |
Median (Führungskräfte) |
Prozentual |
Lebensmitteleinzelhandel | 31.433 € | 70.952 € | 125,7 |
E-Commerce | 35.680 € | 87.603 € | 145,5 |
Autoindustrie | 54.266 € | 110.823 € | 104,2 |
Finanzbranche | 52.146 € | 112.347 € | 115,4 |
Pharmaindustrie | 53.987 € | 125.603 € | 132,7 |
Ist das hohe Gehalt von Führungskräften gerechtfertigt?
Beschäftigte in Führungspositionen verdienen größtenteils mehr als doppelt so viel wie Fachkräfte. Doch rechtfertigt die Personalverantwortung den hohen Gehaltsunterscheid? Wir haben zwei Expertinnen zu diesem Thema befragt:
„Führungskräfte verantworten im Vergleich zu Fachkräften im Regelfall ein wesentlich höheres Budget und haben Personalverantwortung. Parallel geht damit oft einher, dass ein Studium oder langjährige Erfahrung vorausgesetzt wird. Würde eine Stelle als Führungskraft nicht auch finanziell lukrativer sein, würde es zwangsläufig langfristig keine Bewerber auf diese Stellen geben.“
Marion Weckes, ehemalige Expertin der Hans-Böckler-Stiftung mit den Schwerpunktthemen Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung sowie Frauen in Führungsgremien.
„Eine erfolgreiche Führungskraft muss motivieren, delegieren und gut kommunizieren können. Doch häufig sind auch mühsame Diskussionen zu führen und unliebsame Entscheidungen zu treffen. Am Ende müssen die Ergebnisse stimmen. Führungskräfte müssen sich an ihrem Beitrag zum Unternehmenserfolg messen lassen. Und das rechtfertigt sicherlich auch eine höhere Vergütung.“
Karin Schwaer, Wirtschaftsjuristin und Gehaltscoach für Fach- und Führungskräfte.
Zur Methodik
Die Vergütungsspezialist*innen von Gehalt.de analysierten insgesamt 224.474 Datensätze von Fach- und Führungskräften nach Region, Branche und Geschlecht. Alle Angaben im Text liegen als Jahresbruttogehälter, hochgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche und im Median vor.
Über die Kampagne – Gehalt.de als #Tabubrecher
Gehalt.de setzt sich dafür ein, mit dem Tabuthema Gehalt in Deutschland zu brechen, um somit für mehr Transparenz zu sorgen und eine faire, gleichberechtigte und marktgerechte Vergütung zu erreichen. Dazu veröffentlichen die Gehaltsexpert*innen regelmäßig datenbasierte Kampagnen, die tabuisierte Themen im Gehaltskontext beleuchten. Die vorliegende Auswertung ist der Teil der Reihe „Gehaltsgefälle in Deutschland“.