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Extrovertierte und Introvertierte im Beruf

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Kategorie: Karriere & Ratgeber
30.08.2022
Tipps & Tricks zum Thema Gehalt, Karriere & Berufsleben
findest du im Stepstone Magazin
Introvertierter Mann bei einem Meeting im Büro

Eine Geburtstagsparty mit Freunden oder Arbeitskolleginnen – nette Menschen, Small Talk und eine entspannte Atmosphäre: für tendenziell Extrovertierte eine schöne Vorstellung, den Abend zu verbringen. Für eher Introvertierte ist das hingegen oft eine Situation, die viel Anstrengung fordert. Sie würden lieber zu Hause sitzen und für sich selbst sein. Auch im Berufsleben begegnen ihnen herausfordernde Situationen, angefangen schon bei Telefonaten oder Präsentationen.

Oft mögen extrovertierte Menschen die Kommunikation, sind gesprächig und haben keine Scheu, in größeren Runden das Wort zu ergreifen. In der Regel reden sie lauter und schneller als Menschen, die zu einer introvertierteren Verhaltensweise tendieren. Menschen mit einer Neigung in die extrovertierte Richtung agieren spontan und sind eher sogenannte Sprachdenker. Sie bevorzugen also den Dialog mit anderen, um Klarheit in ihre eigenen Gedanken und Meinungen zu bringen. Im Joballtag profitieren sie von dieser Eigenschaft, beispielsweise in der Kundenberatung. Introvertierte Menschen haben hier das Nachsehen – aber auf diese ungleiche Ausgangslage können Arbeitgeber mit ausgleichenden Maßnahmen reagieren.

Extrovertiertheit und Introvertiertheit sind ein Spektrum

Wie so oft ist die Welt nicht nur schwarz oder weiß: In der Regel ist niemand zu 100 Prozent introvertiert oder extrovertiert. Die zwei Eigenschaften können eher als zwei gegenüberliegende Pole auf einer Skala gesehen werden. Auch wenn man sich eher in eine Richtung bewegt, besitzt man ebenso Anteile vom anderen Ende des Spektrums. So können manche soziale Situationen für tendenziell Introvertierte problematisch sein, während sie sich in anderen vollkommen sicher bewegen. In der Mitte der Skala steht die sogenannte Ambiversion. Diese psychischen Strukturen sind nicht nur sozial und kulturell geprägt, sondern teilweise auch genetisch bedingt.

Wie Extrovertierte mit äußeren Reizen umgehen

Die unterschiedlichen Reaktionen auf Menschen lassen sich auf den Umgang mit Reizen zurückzuführen. Vereinfacht lässt sich sagen: Eher Extrovertierte lieben es, von vielen äußeren Einflüssen umgeben zu sein, da es ihnen von Natur aus an inneren Reizen fehlt. Deren Aufmerksamkeit richtet sich daher eher nach außen, also dahin, wo die Stimulationen zu finden sind. Sie ziehen daher meistens Energie aus der Gemeinschaft in einer Gesellschaft. Forschende haben herausgefunden, dass das Blut im Gehirn bei Menschen, die zu einer introvertierten Verhaltensweise neigen, einen anderen Weg nimmt als bei extrovertierteren. Runtergebrochen bedeutet dies, dass bei ihnen der Weg kurz ist, wohingegen der Weg bei den Introvertierten tendenziell länger und verzweigter ist. Außerdem fließt bei ihnen in der Regel mehr Blut in das Gehirn, daher sind sie von innen stärker gereizt. Laute Menschen sind überwiegend auf viele Reize von außen angewiesen, weil sie bei ihnen die Freisetzung von Adrenalin und Dopamin anregen. Nach diesen zwei Botenstoffen können sie sogar süchtig werden. Dopamin wirkt bei den eher extrovertierten Menschen später und kürzer als bei den ruhigeren Menschen. In deren Gehirn kommt stattdessen der Botenstoff Acetylcholin zum Einsatz.

Introvertierte haben andere Bedürfnisse

Bei Menschen, die zu einem introvertierteren Verhalten neigen, laden sich die Batterien hingegen nicht in einer Gruppe auf. Sie sind lieber alleine oder mit wenigen engen Bezugspersonen in einer ruhigen Umgebung. Diese Menschen fühlen sich häufig von zu vielen äußeren Einflüssen überwältigt. Forscher*innen stellten fest, dass eher Introvertierte bereits über ein ausreichendes Maß an innerer Anregung verfügen. Sogar im entspannten Modus produziert ihr Gehirn genügend Stimulationen, sodass sie sich weniger nach außen richten und sich aufs Innere fokussieren, also auf ihre Gedanken und Gefühlswelt. Dies läge daran, dass bei Introvertierteren die Synapsen eine höhere Sensibilität und Konnektivität aufweisen. Daher kommt es meist schnell zu einer Reizüberflutung, wenn sie versuchen, ihre Umwelt zu verarbeiten. Auch wenn sie die Zeit mit ihren Menschen genießen, fühlen sie sich häufig durch die Interaktion entkräftet. Ebenso hat die Forschung herausgefunden, dass die Hirnregionen für Erinnerungen, Problemlösung und Planung tendenziell aktiver sind und besser durchblutet werden als bei Extrovertierten. Es lassen sich also vermeintliche Schwächen in Stärken umwandeln, die im Berufsalltag Verwendung finden.

Wie Introvertierte benachteiligt werden

Viele Jobbeschreibungen vermitteln das Bild, dass Arbeitgeber möglichst jemand aufgeschossenen, kommunikativen und charismatischen Menschen einstellen wollen. In Meetings sollen sie ihre Ideen präsentieren, gute Kontakte mit den Kolleg*innen am Arbeitsplatz pflegen und natürlich ein Teamplayer sein. Pech also für alle die, die durch eine Sache benachteiligt werden, auf die sie keinen Einfluss haben. Im Job fällt es Introvertierten häufig schwerer, aufzufallen. Denn natürlich bekommen diejenigen, die gerne socializen und wissen, wie man sich präsentiert, mehr Aufmerksamkeit. Dass eher Introvertierte im Beruf wenig Engagement und Interesse zeigen, wird ihnen zu Unrecht unterstellt. Der hohe Wert introvertierter Menschen fällt allzu oft nicht auf, denn die meisten Unternehmensstrukturen scheinen mit Teamwork, Meetings, Brainstorming und Präsentationen eher auf Extrovertierte zugeschnitten zu sein.

Jobs, die zu introvertierten und extrovertierte Menschen passen

Doch beide Ausprägungen haben ihre Vorteile und Nachteile: Während eher Extrovertierte sich gerne mit anderen Kolleg*innen über Projekte und Ideen austauschen und in einer Gesellschaft am effektivsten arbeiten, brauchen die Introvertierten meist eher einen Raum für sich und Ruhe. In Meetings ist es ihnen tendenziell eher unangenehm, vor mehreren Leuten zu sprechen. Sie benötigen oft mehr Zeit, um über ihre Ideen nachzudenken. Die Arbeit alleine sagt ihnen meistens mehr zu. Sie neigen dazu, sehr gut im Zuhören und Beobachten zu sein sowie scharfsinnig kombinieren zu können. In der Regel überdenken sie ihre Ideen und haben einen analytischen Blick auf die Dinge. Extrovertierte hingegen sind tendenziell sehr gut darin, sich zu vernetzten, schnell zu handeln und andere für ihre Ideen zu begeistern.

In der Arbeitswelt scheinen die eher Extrovertierten als Standard angesehen zu werden. Wer erfolgreich sein will, muss sich durchsetzen und Ergebnisse präsentieren. Doch genau so sind Introvertierte nicht. Sie müssen aufpassen, dass ihre Erfolge nicht untergehen.

Wie Arbeitgeber auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen

Die Verantwortung auf die verschiedenen Bedürfnisse der Arbeitnehmer einzugehen, liegt bei den Arbeitgebern und Vorgesetzten. Das fängt mit der Arbeitsplatzsituation an: Für Menschen, die zur Introversion neigen, eignen sich am besten Einzelbüros oder das Homeoffice. In einem Großraumbüro fühlen sie sich ebenso schnell überfordert wie in endlos langen Meetings. Ist ein Einzelbüro für eher introvertierte Personen nicht realisierbar, sollte der Arbeitgeber auf Rückzugsräume bereitstellen. Außerdem könnten sie dafür sorgen, dass das Telefonieren durch das Schreiben einer E-Mail ersetzt werden kann.

Doch auch eher Extrovertierte erleben besondere Herausforderungen im Arbeitsleben. Wer eine besonders lebendige und präsente Ausstrahlung mitbringt, läuft Gefahr, als dominant wahrgenommen zu werden. Entsprechend kann eine Einstellung daran scheitern, weil Arbeitgeber befürchten, sich so störende Unruhe in den Betrieb zu holen. Die Konsequenz ist logisch: Keine der beiden Gruppen sollte bevorzugt werden. Allerdings können Vorgesetzte die Arbeitsbedingungen anpassen und auf die nach innen gewandten Mitarbeiter auf eine andere Art und Weise eingehen. Letztlich bleibt Introvertierten in manchen Situationen jedoch nicht viel anderes übrig, als zu versuchen, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Stärken nutzen, Schwächen ausgleichen

Menschen, die zur Introversion oder Extroversion neigen, sollten beide gleichermaßen im Job vertreten sein. Wenn eher Extrovertierte darauf achten, ihre Stärken wie die Teamfähigkeit, Kontaktfreude, Spontaneität und Durchsetzungsfähigkeit in den Vordergrund zu stellen und ihre Schwächen wie das Drängen in den Mittelpunkt oder die Selbstdarstellung zu minimieren, lässt sich daraus eine angenehmere Arbeitsatmosphäre schaffen. Meistens verfügen Introvertierte über ein hohes Maß an Kreativität, starke Empathie und eine ehrliche Selbstreflexion. Häufig können sie besonders gut zuhören und sich hervorragend konzentrieren. Im Job bringen sie ihre Effektivität am besten ein, wenn sie alleine arbeiten. Wichtig für beide Parteien ist es, sich über seine eigenen Stärken und Schwächen im Klaren zu sein.

Die Arbeitswelt muss eine Symbiose aus beiden finden, um eine sinnvolle Arbeitsteilung nach Kompetenzen anzustreben. Keiner von beiden Persönlichkeitstypen lässt sich gerne verbiegen, von daher ist es für alle wichtig, ihre Bedürfnisse klar zu kommunizieren. Nur so kann ein erfolgreiches und gleichzeitig entspanntes Arbeitsleben stattfinden. Jede Gesellschaft lebt von der Vielfalt und die sollte sich auch im Arbeitsleben durchsetzen.

Quellen:

Deutschlandfunk Nova

Jobanzeigen.de

Karrierebibel

Merkur.de

Michael Page

Mindset Movers

Praxistipp.Focus

Stellenwerk

Vital.de

 

Autorin: Sarah Hitscher

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